
Ein Hausherr bestimmt über sein Gebäude und die Bundesregierung sieht sich - zu recht - in einer besonderen Verantwortung für ihre teilweise historischen Liegenschaften. Sie ist immerhin (wie jede Behörde) verpflichtet, solche Anfragen zu prüfen und kann sie nur mit einer sachlichen Begründung ablehnen. Privatpersonen oder Vereine können einfach so „Nein!“ sagen. Für Filmemacher kann das sehr ärgerlich sein. So hatte z.B. Florian Henckel von Donnersmarck, der Regisseur des Oskar gekrönten Dramas „Das Leben der Anderen“, vom Betreiberverein des Stasigefängnis-Museums in Hohenschönhausen keine Drehgenehmigung bekommen. Für Donnersmarck war das eine schwere Schlappe, schließlich war des Gefängnis eines der Hauptmotive - und musste für den Film an ganz verschiedenen anderen, ähnlich aussehenden Orten gedreht werden (siehe "Drehort Berlin" S. 203).

Cruise sorgt für Wirbel - nicht als Produzent oder Schauspieler, sondern als bekennendes Mitglied von Scientology. Die umstrittene Religiongemeinschaft wird in Deutschland von den Strafverfolgungsbehörden streng beäugt und ist für viele Politiker ein rotes Tuch. So kamen schnell Anwürfe ins Spiel, Cruise dürfe wegen seiner Funktion als Gallionsfigur von Scientology nichts mit Stauffenberg zu tun haben. Der Vorsitzende des Bundestag-Kulturausschusses, Hans-Joachim Otto (FDP), nannte die geplante Besetzung der Rolle Stauffenbergs mit Tom Cruise nur „unsensibel“. Die Sektenbeauftragte der CDU, Antje Blumenthal, geht viel weiter und führt ihre Kritik an Scientology gegen die Dreharbeiten im Bendlerblock ins Feld: „Ich freue mich, dass wir eine Drehgenehmigung für einen ranghohen Scientologen
in einem Bundesgebäude verhindern konnten. Das wäre einer bundespolitischen Anerkennung gleichgekommen." (Pressemitteilung PDF)

„Minority Report“ (nach einer Geschichte von Philip K. Dick), in dem Cruise 2002 die Hauptrolle spielte, wurde hoch gelobt und strotzt nur so vor Gesellschaftskritik derer sich auch die aktuelle Bundesregierung durchaus annehmen könnte. Auch mit anderen Rollen wie etwa in Stanley Kubricks' Traumnovellen-Adaption „Eyes wide shut“ oder in „Krieg der Welten“, der Neuverfilmung des H.G. Wells-Klassikers, verdiente sich Cruise den Respekt der Kritiker. Nie war ihm dabei Werbung für Scientology zu unterstellen - im Gegenteil. In „Magnolia“ mimt er selbst einen deutlich überzeichneten Sektenanführer und unterstützt damit offen Kritik an derartigen Organisationen.
Nichtsdestotrotz ist es legitim, sein Engagement bei Scientology zu kritisieren. Allerdings nicht mit dem Schluß, ihn mit einem Arbeitsverbot in Deutschland zu belegen. Eine offene, sachliche Auseinandersetzung mit der umstrittenen Religionsgemeinschaft steht dem Filmprojekt „Valkyrie“ nicht im Wege. Und das Filmprojekt ist sicherlich unterstützenswert. Nicht nur wegen der historischen Bedeutung Stauffenbergs und seiner Mitstreiter. Auch nicht, weil Berlin und Brandenburg an den Filmarbeiten ordentlich verdienen und das Ansehen Deutschlands durch eine positive Filmfigur gehoben wird. Sondern einfach, weil die Geschichte rund um das gescheiterte Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 - rein filmisch gesehen - einfach ein wirklich guter Stoff ist.